Der Zusammenbruch des Fabrikkomplexes Rana Plaza in Bangladesch, der Einsatz gesundheitsschädlicher Pestizide auf Plantagen in Malaysia, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in indischen Steinbrüchen: Deutsche Unternehmen sind immer wieder direkt und indirekt an Menschenrechtsverletzungen im globalen Süden beteiligt. Zur Verantwortung aber werden sie so gut wie nie gezogen. Das belegt die Studie „Unternehmen zur Verantwortung ziehen: Erfahrungen aus transnationalen Menschenrechtsklagen“ von MISEREOR, Brot für die Welt und European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), die in Berlin vorgestellt wurde.
„Ein Unternehmen, das für Menschenrechtsverstöße verantwortlich ist, muss zur Rechenschaft gezogen werden“, fordert Ilona Auer-Frege, Leiterin des Berliner MISEREOR-Büros. Doch fast immer bleiben Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen durch weltweit agierende Unternehmen folgenlos. Das liegt zum einen an der politischen und rechtlichen Situation vor Ort, aber auch an der Rechtslage in den Herkunftsländern der transnationalen Unternehmen. “In Deutschland ist es für Betroffene von Unternehmensunrecht fast unmöglich, ihre Rechte vor Gericht einzuklagen“, so Miriam Saage-Maaß vom ECCHR.
MISEREOR und ECCHR sehen die Bundesregierung in der Verantwortung, national wie international wirksame Maßnahmen voranzutreiben. „Durch die Unterzeichnung der internationalen Menschenrechtspakte hat sich Deutschland zu ihrer verbindlichen Umsetzung verpflichtet", erklärt Auer-Frege. Daher sei die Regierung gefordert, sich für wirksame und verbindliche Mechanismen zur Einhaltung von Menschenrechten seitens der Unternehmen einzusetzen. „Die Bundesregierung könnte die prozessualen Hürden zum Beispiel durch Einführung von Gruppenklagen verringern“, so Saage-Maaß. „Vor allem aber muss Deutschland rechtsverbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen und ihre Tochter- oder Zulieferbetriebe im Ausland schaffen.“
Allzu oft stelle sich die deutsche Regierung aber hinter die Interessen der Wirtschaftsunternehmen. Deutschland und andere Industrieländer, die sich als Vorkämpfer für Demokratie und Menschenrechte bezeichnen, sollten verbindliche Regeln für die Einhaltung der Menschenrechte nicht blockieren, so Auer-Frege und Saage-Maaß. Stattdessen werden internationale Initiativen immer wieder verhindert - wie vergangene Woche auf der Sitzung Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (UN): Die Mitgliedsstaaten hatten am 26. Juni eine Resolution verabschiedet, um ein verbindliches Abkommen auszuarbeiten. Dieses sollte transnationale Konzerne zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichten. Zahlreiche Industrieländer wie die USA, Kanada und Deutschland stimmten gegen die Resolution und drohten, den Prozess zu boykottieren.
Die Studie „Unternehmen zur Verantwortung ziehen: Erfahrungen aus transnationalen Menschenrechtsklagen“ von MISEREOR, Brot für die Welt und European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) finden Sie unter www.misereor.de/unternehmensverantwortung