Die 4. Welt-Kakao-Konferenz findet vom 22. bis 25. April in Berlin statt. Es werden 1.500 Teilnehmer*innen aus 65 kakaoproduzierenden und -konsumierenden Ländern erwartet. Damit ist die Konferenz das größte internationale Event, beidem sich Vertreter*innen der Schokoladenindustrie,der Politik, der Zivilgesellschaft,des Handels und von Kakaobauern organisationen über die neuesten Entwicklungen und Herausforderungen im Kakaosektor austauschen.
Doch können die Teilnehmenden der Konferenz darüber entscheiden, ob es wegweisende Verbesserungen für die Kakaobäuer*innen geben wird? Wie sieht die Zukunft der Schokolade aus? Die Wertschöpfungskette der Schokola-de ist lang. Ganz am Anfang dieser Kette stehen Millionen von Kleinbäuer*innen sowie Erntehelfer*innen. Sie leben zu-meist an der Armutsgrenze, weil in den
Anbauländern – der Elfenbeinküste und Ghana zum Beispiel – Landwirtschaft
keine Lobby hat, in abgelegenen Gegen-den betrieben wird und die Menschen
wenig oder keine Bildung erhalten. Die Preise, die mit Kakao erzielt werden können, sind so niedrig, dass keiner davonwirklich leben kann. Das führt dazu,dass Kinder auf den Feldern arbeiten statt zur Schule zu gehen. Der Kreislauf geht seit Jahrzehnten immer so weiter.
Dabei ist die Arbeit aufwendig und hart. Die pfundschweren Früchte des Kakaobaums werden gleich nach der Ernte mit Macheten aufgeschlagen. Danach folgt die Fermentierung, das heißt, die weißen Bohnen werden in Bananenblättern oder ähnlichen Hüllen mehrere Tage gelagert.Während dieses Gärungsprozesses müssen die Bohnen gelüftet und gewendet werden, um anschließend im Freien zutrocknen, wenn sie nicht auf Feuer geröstet werden, was die Qualität massiv verschlechtert. Das alles ist Handarbeit und man braucht viele Hände. Also auch Kinderhände. „Solange die Preise so niedrig sind, können die Bäuerinnen und Bauern keine Erntehelfer bezahlen, die Ernte muss aber eingebracht werden,um überhaupt etwas zu verdienen.
Das führt dazu, dass die eigenen Kinder aus der Schule genommen werden, um mitzuhelfen“, sagt Johannes Schorling von der INKOTA-Kampagne „Make Chocolate Fair". Lagen die Preise im Sommer 2016 noch bei etwas mehr als 3.000 US-Dollar pro Tonne Rohkakao, so sind sie in den vergangenen Jahren dramatisch gesunken. „Zwar steigen die Preise jetzt wieder leicht an, aber Studien haben belegt, dass selbst 3.000 Dollar nicht reichen, um das existenzsichernde Einkommen der Bäuerinnen und Bauern zu sichern“, sagt auch Friedel Hütz-Adams, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kakao-Experte beim Institut Südwind.
„Auch wenn Unternehmen, Regierungen und die Entwicklungszusammenarbeit eine Vielzahl von Projekten anstoßen, um die Situation der Betroffenen zu verbessern, so hat sich an der Situation der Menschen in den Kakaoanbaugebieten Westafrikas bisher wenig geändert“, so Friedel Hütz Adams. Auch Kakaoprogramme in Kooperation mit standardsetzenden Organisationen sind häufig auf eine Steigerung der Produktivität ausgelegt – die Bäuerinnen und Bauern können mehr Kakao über das Zertifizierungsansätze wie das Fairtrade-Programm absetzen, aber die Preise erhöhen sich dadurch nur marginal. Und, so Hütz-Adams, es komme zu Kakaoüberschuss, was wiederrum zu sinkenden Preisen führt. Es gehe um existenzsichernde Einkommen, um Vorfinanzierungen und einen fairen Preis. Außerdem: „Der Klimawandel macht auch den Bäuerinnen und Bauern in Westafrika zu schaffen. Wenn die Temperaturen steigen und der Niederschlag unregelmäßiger wird, hat das Auswirkungen auf die Produktivität und die Qualität des Kakaos. In Bolivien beispielsweise konnten Bäuerinnen und Bauern durch eine gezielte Aufforstung in einem Agroforst-Bio-Projekt viel höhere Einkommen erzielen, doch das geht nicht überall, weil die Investitionen zu hoch sind, die Gewinnmargen zu niedrig und die Bäuerinnen und Bauern diese Investitionen nicht stemmen können“, sagt Friedel Hütz-Adams. „Wir brauchen klare menschenrechtliche Vereinbarungen für die gesamte Wertschöpfungskette der Schokolade. Das geht nur mit den Schokoladenunternehmen, die dann höhere Preise zahlen müssen.“ Ein gefunden werden, um existenzsichernde Einkommen zu erzielen. Auch ist die Entwaldung, die im Zusammenhang mit Kakaoanbau geschieht, eines der zentralen Probleme, für die bei der Welt-Kakao-Konferenz Lösungen gefunden werden müssen.“
Das Forum Fairer Handel (FFH) ist Anfang des Jahres dem Forum Nachhaltiger Kakao beigetreten. Ziel des 2012 gegründeten Kakao-Forums ist es, die Lebensumstände der Kakaobäuer*innen und ihrer Familien zu verbessern sowie den Anbau und die Vermarktung nachhaltig erzeugten Kakaos zu erhöhen. Im Kakao-Forum sind die deutsche Bundesregierung, die Süßwarenindustrie, der Lebensmittelhandel und zivilgesellschaftliche Organisationen vertreten. Mit seiner Mitgliedschaft im Kakao-Forum verbindet das FFH klare Zielsetzungen: „Um Hunger, Armut und missbräuchliche Kinderarbeit im Kakaosektor zu beenden, müssen existenzsichernde Einkommen erreicht werden“, erklärt Andrea Fütterer. Doch kann das Kakao-Forum das erreichen?
Wilfried Wunden von MISEREOR sieht das kritisch: „Der Dachverband der Nichtregierungsorganisationen in Deutschland (VENRO) hat Kriterien festgelegt, ab wann Dialogforen zwischen Bundesregierung, Zivilgesellschaft und Unternehmen wirklich Sinn machen und ab wann eine Mitwirkung eher nachteilig ist, da keine Verbesserungen für die Produzent*innen oder Kleinbäuer*innen zu erreichen sind. Das Kakao_Forum erfüllt fast keine dieser notwendigen Voraussetzungen.“ Die Zivilgesellschaft habe kaum Einfluss auf die Kommunikation des Bündnisses und auch kein Veto-Recht bei wichtigen Beschlüssen. Es gebe keine Unterscheidung des Bündnisses ob Produkte ein schwaches Nachhaltigkeitszertifikat haben oder wirklich Fairen Handel betreiben, bspw. über Fairtrade. So werden eine ISO Norm oder ein Rainforest-Zeichen als „Nachhaltiger Kakao“bezeichnet. „Derweil wird Westafrika durch den industrialisierten Kakaoanbau defacto entwaldet und damit auch für die folgenden Generatione von Kakaobäuerinnen und -bauern ökologisch verwüstet.“ Die Schweizer NGO Public Eye hat kürzlich berechnet, dass in Westafrika den Bäuerinnen und Bauern pro Tonne verkauftem Kakao gerade einmal 6,6 Prozent des Verkaufspreises verbleiben, während die Schokoladenhersteller satte 35,2 Prozent abschöpfen. Die ausbeuterische Kinderarbeit in Ghana und der Elfenbeinküste ist weiter angestiegen. Wilfried Wunden: „Da muss jetzt endlich gehandelt werden und die Unternehmen müssen in die Pflicht genommen werden.
Gundis Jansen-Garz