Gold hat seinen Glanz verloren

Nach der Einführung von Fairtrade Gold in der Schweiz wird TransFair nachziehen, doch Gold ist ein Rohstoff mit problematischen Abbaubedingungen

 

Die Welt ist im Goldrausch – ob für Schmuck, IT-Geräte oder als sichere Investition, der Goldpreis steigt stetig und erreicht historische Höchstpreise. Die starke Nachfrage führt zu einer Ausweitung des weltweiten Bergbaus, neue Goldquellen werden erschlossen und selbst alte Minen wieder geöffnet. Doch mit der Suche nach neuen Goldvorkommen, steigt die Kritik an den ökologischen und sozialen Bedingungen in den Abbaugebieten. Durch den Bergbau in Großminen und den lokalen Kleinschürfereien kommt es zu gravierenden Umweltproblemen und sozialer Ungerechtigkeit in allen Goldregionen.

 

Gold – wer denkt dabei nicht an Reichtum und Macht? Die Geschichte zeigt, dass Gold schon immer als Währung (Goldmünzen), als Zeichen von Herrschaft und Macht (Königskronen) und als Geldanlage (Palast- und Kirchenausstattungen) diente. Gold ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Au und der Ordnungszahl 79. Es ist ein Übergangsmetall und steht im Periodensystem der Elemente in der 1. Nebengruppe. Das vielleicht hochwertigste Edelmetall ist in den vergangenen Monaten mehr und mehr auch im Fairen Handel Thema. Wir brauchen heutzutage Gold vor allem im Schmuck, aber auch im Handy, im PC, in der TV-Fernbedienung, im Zahn und als Barren. Das meiste Gold geht in Schmuck, etwa 60 Prozent, nur etwa 10 Prozent werden in der Elektrotechnik oder als Zahngold verwendet. Spätestens seit der Euro-Krise wird Gold mehr und mehr Anlageobjekt – etwa 30 Prozent liegen in Barren fein gestapelt in den Schließfächern der weltweiten Banken. Die Anleger sind es auch, die den Preis diktieren. Gold gilt als beständig im Wert, lässt sich sehr gut mechanisch bearbeiten und korrodiert nicht. Problematisch ist allerdings die Art und Weise der Goldförderung. Der Verbrauch von Wasser und Land ist immens, giftige Chemikalien belasten Mensch und Umwelt, und die Arbeit der Bergleute ist zuweilen lebensgefährlich. Ausgerechnet dort, wo 1533 der spanische Eroberer Francisco Pizarro in den peruanischen Anden begann, das Volk der Inka auszurotten, liegt heute die größte Goldmine Südamerikas, Yanacocha, in der Nähe von Cajamarca. Auch in Guatemala, Kenia, Tansania oder Kanada gibt es Goldminen.

 

Für die Goldgewinnung sterben Mensch und Umwelt

 

Die Kampagne „Bergwerk Peru – Reichtum geht, Armut bleibt“, die auf Initiative von kirchlichen Gemeinde-Partnerschaftsgruppen gegründet wurde, beklagt seit langem die Zustände in der Goldgewinnung am Beispiel Perus. Dr. Hartmut Heidenreich erklärt, warum Goldgewinnung so problematisch ist: „Um Gold im großen Maßstab abzubauen, werden hochgiftige Zyanide eingesetzt. Goldschürfer, die auf eigene Faust oder in Kooperativen arbeiten, benutzen Quecksilber. Da das Edelmetall nur in geringen Spuren im Gestein vorkommt, wird es herausgelöst. Dazu wird das Gestein zermahlen und mit Chemikalien versetzt, so dass das Gold ausgeschwemmt wird. Zur Goldgewin-nung benutzt man vor allem Kaliumzyanid, auch bekannt als Zyankali, das löst selbst kleinste Goldpartikel aus dem zermahlenen Gestein. In der peruanischen Mine Yanacocha wird bis zu einem Gehalt von 0,5 g Gold pro Tonne Gestein abgebaut. Aus riesigen Mengen Trinkwasser entsteht so hochgiftiges Abwasser. Mensch, Tier, Natur leiden darunter. Sie werden vergiftet oder durch Druck oder die  Umstände vertrieben. In der sogenannten Kleinschürferei wird der Sand unter Bäumen an Flussläufen mit Hochdruckspritzen ausgespült, gesiebt, mit Quecksilber amalgamiert, in Schüsseln erhitzt, das Quecksilber verdampft und Gold bleibt übrig. Zumindest dieser letzte Schritt ist einfach und bequem. Allerdings sind besonders die Quecksilberdämpfe hochgiftig. Die Folgen zeigen sich erst später: zerebrale Störungen, Fehlgeburten, Missbildungen, Hautausschläge… Quecksilberreste werden zudem über die Nahrungskette, vom Wasser über Fische zum Menschen, aufgenommen. Wälder, sogar im Indigenen- und Naturschutzgebiet, werden zerstört.“ Nicht nur auf den südlichen Kontinenten kommt es zu Umweltkatastrophen. Im Januar 2000 brach im rumänischen Baia mare der Damm eines Rückhaltbeckens. Zahlreiche Flüsse in Osteuropa wurden mit Zyanid und Schwermetallen verseucht, unter anderem weite Strecken der Donau und der Theiß.

 

Fairtrade-Gold hilft nur wenigen

 

Die Zustände in den Goldminen und bei den Kleinschürfern wurden in den vergangenen Jahren verstärkt diskutiert und die Frage nach fair gehandeltem und ökologisch vertretbarem Gold kam auf. Der Begriff „faires Gold“ bezieht sich laut der The Fairtrade Foundation und der Alliance for Responsible Mining nur auf Gold, das von kleinen Produzenten kommt und unter bestimmten ökologischen, sozialen und umweltvertraglichen Bedingungen gefordert wird. In Großbritannien gibt es bereits seit 2011 ein Fairtrade-Siegel für Goldschmuck und im vergangenen Jahr hat die Schweizer Fairtrade-Organisation Max Havelaar Gold zertifiziert. „Für Gold, das doppelt glänzt, lanciert Max Havelaar Fairtrade-Gold auf dem Schweizer Markt“, heißt es bei der Fairtrade  Organisation. Transfair hat die Einführung von Fairtrade Gold in Deutschland beschlossen. Claudia Brück, Pressesprecherin: „Aktuell stellen wir in Zusammenarbeit mit interessierten Firmen die Lieferketten auf. Im Sommer wird das Registrierungsportal für kleinere Goldschmiede aufgeschaltet und wir erwarten zum Ende des Jahres erste Produkte auf dem Markt.“ Zurzeit arbeitet Fairtrade mit zertifizierten Produktionsstätten in Peru zusammen. Dr. Hartmut Heidenreich ist skeptisch: „Zwar gibt es Versuche, mit nachhaltigen Methoden Gold zu gewinnen. Es handelt sich dabei meist um Kleinschürfer(-Gruppen), die mit dem Ziel von Legalisierung, mehr Arbeitsschutz, gerechterem Lohn, geringerem Zwischenhandel usw. teils sogar mit Fairtrade-Labels arbeiten. Das ist sicher besser als ohne diese Bemühungen. Allerdings kommen auch sie nicht ohne Gift aus. Daher und weil es eher um Möglichkeiten alternativen Lebensunterhalts gehen müsste, statt Goldschürferei zu fördern, kann man auch dies kritisch anfragen. Beim `fairen Gold` geht es vielen, die sich mit dem Thema beschäftigen (Regierungen, NROs, Kirchen), hauptsachlich darum, den informellen Kleinschürfern zur Legalität zu verhelfen und die formellen Kleinschürfer zu schützen und zu fordern. Dafür sind Siegel erforderlich, die deren Produktion als ´faires Gold´ klassifizieren und ihnen entsprechende Mehrerlöse ermöglichen. In diesen Fällen hat es den direkt Beteiligten erheblich geholfen, ihre Lebensqualität zu steigern. Es hilft aber nur wenigen und beseitigt die Ursachen der Armut in der Region nicht. Auch stellt es nicht die Rollen und das Handeln anderer Akteure in Frage, wie des Staates und der Händler.“

 

Verliebt – verlobt – FAIRheiratet

 

TransFair hält dagegen. Claudia Brück: „Wenn die Handelspartner sich auf den Weg machen, müssen wir von unserer Seite darauf reagieren und ihnen einen Markt bieten. Die Standards, die Fairtrade setzt, sind hoch genug, um den Arbeitern und ihren Familien bessere Lebensbedingungen zu bieten.“ Auch würde im Rahmen der Standards darauf geachtet, dass der Umgang mit den Chemikalien aufs Nötige beschränkt  wird und ausschließlich mit Sicherheitskleidung gearbeitet wird. „Da wird  von unserer Seite natürlich auch auf die Umweltbedingungen geachtet. Dennoch ist Fairtrade kein Öko-Siegel.“

Auch Max Havelaar zeigt sich aufgrund der bisherigen Erfahrungen zufrieden mit der Einführung des Fairtrade-Golds: „Das Echo ist sehr positiv. Gerade bei so etwas emotionalem wie Gold ist vielen Menschen wichtig, was dahinter steckt. Das Schmuckstück soll eben nicht nur sich selber oder dem Beschenkten Freude bereitet, sondern gleichzeitig auch den Menschen, die ganz am Anfang der Wertschöpfungskette dahinter stehen ein besseres Leben ermöglicht. Bei den Kontakten im Rahmen von Hochzeitsmessen hat sich gezeigt, dass bei den Trauringen vielen Paaren ein Anliegen ist, dass diese nicht nur ihre Liebe besiegeln, sondern auch für das Wohl der Minenarbeiter und ihrer Familien stehen. Daher hat Fairtrade Max Havelaar die Kampagne „verliebt – verlobt –FAIRheiratet“ lanciert – fürs Heiraten mit Trauringen aus Fairtrade-Gold“, erklärt Katrin Dorfschmid, Projektleiterin bei Max Havellar in Zürich. Die genauen Absatzzahlen werden erst im Jahresbericht ermittelt. Man könne jedoch sagen, dass sich das Angebot aus Fairtrade-Gold gefertigter Schmuckstücke sehen lassen kann. Coop City bietet vier Kollektionen mit Fairtrade-Gold an – sowohl für Erwachsene, als auch Ohrstecker für Kinder. Die siebenteilige Kollektion von Christ Uhren & Schmuck reicht von Fingerring über Collier und Armband bis hin zu Creolen. Weitere Anbieter wie Sergio Ferris und Vieri Haute Joaillerie beziehen das Gold aus der Fairtrade-zertifizierten Mine Sotrami in Peru. Außerdem, so Katrin Dorfschmid weiter, hätten sich seit der Lancierung mehr als 20 Goldschmiede registriert - damit stehe auch einem individuellen Schmuckstück aus Fairtrade-Gold nichts mehr im Weg. „Grundsätzlich ist es wichtig zu sagen, dass, auch wenn die Menge an Gold aus Fairtrade-zertifizierten Minen vergleichsweise gering ist, die entwicklungspolitische Relevanz enorm ist und wir mit der Lancierung von Fairtrade-Gold auch ein wichtiges Zeichen für mehr Transparenz und Fairness im Goldhandel Allgemein setzte.“ Ein zentraler Unterschied zu nicht-zertifizierten kleingewerblichen Minen ist vor allem die Formalisierung, was den Aufbau von transparenten Geschäftsbeziehungen und damit das Ausschalten ausbeuterischer Zwischenhändler ermöglicht. Ziel des Engagements von Fairtrade in diesem Bereich sei es, Bergarbeitern, die oft keine Alternative hätten, besseren Schutz zu ermöglichen. Damit sie ihre wirtschaftliche und soziale Situation sowie Arbeits- und Umweltbedingungen verbessern können. „Dem garantierten Fairtrade-Mindestpreis - dieser Mindestpreis ist fixiert bei 95 Prozent des Fixpreises für Gold an der Londoner Börse, was substanziell höher ist als die Preise, welche marginalisierte Minen erhalten - haben die Minen ein besseres Einkommen und dadurch mehr Sicherheit. Dank Fairtrade können formalisierte und langfristige Geschäftsbeziehungen mit kommerziellen Partnern aufgebaut werden, was den Minen finanzielle Sicherheit und Planbarkeit gibt.“

 

„Goldabbau ist Ursache von Konflikten“

 

Die Kritiker bleiben jedoch skeptisch. MISEROR und Brot für die Welt beschäftigen sich seit langem mit der Problematik der Rohstoffgewinnung und sind trotz ihrer Mitgliedschaft bei TransFair eher kritisch, was die Einführung von Fairtrade-Gold betrifft. „Goldabbau hat nicht nur dramatische Folgen für Mensch und Umwelt, er ist auch die Ursache von Konflikten“, sagt Wilfried Wunden, Fairhandelsreferent bei MISEREOR. Es sei falsch, auf freiwillige Standards in einem völlig unterregulierten und zum Teil illegalen Markt zu setzen. Fairtrade riskiere außerdem ein „schwaches Produkt“ ohne sichere Rückverfolgbarkeit, so dass eine Schädigung

des Rufs für das ganze Siegel drohe, so die Befürchtungen bei MISEREOR. Das Fairtrade-Siegel laufe Gefahr die Rechte und den Schutz der Arbeiter/-innen gegen Umwelt und Gesundheitsschutz der Bevölkerung auszuspielen. Claudia Brück sieht es als ihre Aufgabe, genau dies nicht zu tun. „Es kann doch entwicklungspolitisch nicht sinnvoll sein, die Menschen in den Bergwerksregionen im Stich zu lassen. Was sollen sie denn arbeiten und wo sollen sie leben, wenn der Goldabbau komplett erlischt? Wenn es heißt, ´Wir haben genug Gold und setzen auf Altgold´ ist mir das viel zu kurz gedacht.“ Die Hilfswerke setzen jedoch ebenso wie die Kampagne „Bergwerk Peru – Reichtum geht, Armut bleibt“ auf Recycling-Gold. Die öko-faire Bilanz ist  dahingehend wesentlich besser. Heidenreich: „Es lohnt, an Recycling oder Alternativen zu Gold zu denken und über die Nutzlosigkeit von Anlagegold nachzudenken – und zu handeln. Auch wenn die Handelsbilanz der Förderstaaten dann nicht mehr so golden glänzt: Mensch und Natur in den Förderländern, und am Ende auch wir, profitieren davon.“

Gundis Jansen-Garz

Foto: Mineure_Sotrami_Eduardo_Martino


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