Hamburg, Speicherstadt, ehemalige Kaffeebörse– wo, wenn nicht hier, kann eine Veranstaltung zum Thema „Die Zukunft des Kaffeeanbaus“ stattfinden? Am 23.und 24. Oktober diskutierten, erzählten, visionierten und stritten rund 100 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Anbau, Kirche und Fairem Handel über wichtige Fragen zur Zukunft des Kaffeeanbaus.
Die Dialogtagung wurde von Brot für die Welt und MISEREOR organisiert und durchgeführt. Beide richten seit mehr als 60 Jahren ihren Blick auf die Entwicklungsprojekte von Partner*innen in Regionen des Kaffeeanbaus. Dabei steht stets die Frage „Wie können wir dazu beitragen, die wirtschaftliche Lage der Menschen zu verbessern und Armut zu reduzieren?“. Trotz vielfältiger Anstrengungen ist der Kaffeeanbau in den vergangenen Jahren kaum nachhaltiger geworden. Die Gründe sind vor allem der Klimawandel und politische Auseinandersetzungen sowie Korruption. Sie verschlechtern seit Jahren die Situation der Menschen, die Lebensunterhaltungskosten in den Anbauländern steigen, aber die Einkommen steigen nicht. Zahlreiche Fachleute aus Wirtschaft, Politik und Entwicklungszusammenarbeit diskutierten auf dem Podium und in Workshops.
Als wichtigste Herausforderungen der nächsten Jahre wurden das endgültige Überwinden postkolonialer Strukturen im Kaffeemarkt sowie alter Gedankenstrukturen genannt. Ebenso bedarf es dringend mehr Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren – also Produzent*innen und Kooperativen, Vertrieb, Handel und Verbraucher*innen. Die Verteilung von Macht und Risiken in der Wertschöpfungskette muss neu verhandelt und die Kaffeebauern besser an der Wertschöpfung beteiligt werden. Alle waren sich einig, dass es bereits viele gute Ansätze und Initiativen gibt, die jedoch oft sehr akteursspezifisch zurechtgeschnitten sind und nicht auf den gesamten Kaffeesektor übertragen werden können.
Es gibt viel Geld im Kaffeesektor, es ist nur falsch verteilt! Die steigenden Kosten müssen in den Endpreis eingebunden werden. Konkrete Vorschläge zur Weiterarbeit sind der Aufbau einer gemeinsamen Datenbank mit vergleichbaren Faktoren, die allen Akteuren zur Verfügung steht. Eine hohe Transparenz und direkte Kontakte zwischen Bauern und Händlern, Möglichkeiten der Vorfinanzierung und damit Planungssicherheit für Kaffeebauern. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel – mehr Mitgefühl, Unterstützung und Gespräche, Verhandlungen und Handel auf Augenhöhe. „Vergesst endlich das Bild von armen Bauern, die keine Ahnung haben.“ Um den Generationswechsel zu schaffen, müssen Jugendliche eine Perspektive im Kaffeeanbau sehen. Nur wenn sich Kaffee lohnt, werden die Kinder ihren Eltern folgen und Kaffee anbauen. Gerardo Alberto de León fasste es so zusammen: Eine wirkliche Partnerschaft innerhalb der Wertschöpfungskette ist die Lösung – so wie es im Fairen Handel schon geschieht! Für die Veranstalter fasst Ruben Quaas das Resümee: „Wir haben die Tagung bewusst als Dialog- und Fachtagung konzipiert und haben viele spannende und wichtige Anregungen erhalten. Daran werden wir jetzt weiterarbeiten.“
Kerstin Linne von Green Line Consulting fordert besser Kommunikation unter den Akteur*innen.